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Expeditionsbericht

Wir sind dann mal über den Yukon in die USA eingereist

 

Ja, wir haben amerikanischen Boden betreten. Welcome to the USA, welcome to Alaska! Wir haben es geschafft.

Die Einreise aus Kanada in die USA muss man sich allerdings unkonventionell vorstellen. Üblicherweise kommt ja an einem Flughafen an, geht mit dem Reisepass zu den Zollbeamten – und schon ist man ins andere Land eingereist. Doch was ist hier oben? Wenn wir auf dem Fluss von Kanada in die USA einreisen? Der Schlüssel zu allen Fragen ist ein unter Yukon-Paddlern legendäres gelbes Telefon. Das befindet sich in einer Nebenstraße von Eagle, dem ersten amerikanischen Dorf am Yukon. Und nur dieses verspricht eine legale Einreise.

„Haltet einfach am Ufer nach einem gelben Telefon Ausschau“, so wurde es uns im Vorfeld bedeutet. Dummerweise war da aber nichts, bis irgendwann ein kleines weißes Schild auftauchte. Das Telefon sei verlegt worden, Überschwemmung sei Dank, es sei nun einfach näher bei der Stadt. Da die aufgedruckte Wegbeschreibung wahrscheinlich nicht einmal Einheimischen etwas sagt, haben wir uns einen Bewohner geschnappt. Und haben es schließlich, trotz Kontakt mit einer unwissenden Nationalpark-Beamtin, tatsächlich vor das gelbe Telefon geschafft.

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Da hängt es dann schließlich, auf der Rückseite einer Wäscherei der Eagle Trading Co. am Anfang des Dorfes. Man öffnet eine große gelbe Plastikklappe. Und irgendwie erwartet man, dass dahinter das rote Atom-Telefon von Obama lauert. Stattdessen haben wir nach dem Abheben mit einem Beamten der US-Grenzbehörden gesprochen. Und mal wieder, siehe Visum, unsere halbe Lebensgeschichte erzählt. Inklusive aktueller Körpergröße und -Gewicht (gefühlt unverändert).

Nach zehn Minuten war der ganze Spaß vorbei. Einreise abgeschlossen. Sehr beruhigend allerdings, dass sich der Beamte unsere Daten nach eigener Aussage einfach auf einen Notizblock gekritzelt hat. Er würde die Daten dann schon an den Flughafen unserer Ausreise, Anchorage, weitergeben. Na, das hoffen wir dann mal auch. Freunde, es gibt Beweisbilder.

Nachdem wir einige Besorgungen gemacht haben in Eagle, werden wir weiterpaddeln und der derzeitigen Hitze trotzen. Doch viel entscheidender ist: Ab sofort flattert an unserem Boot die amerikanische Flagge. Und wir freuen uns riesig, das unser Abenteuer Yukon jetzt in den USA weitergeht

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Expeditionsbericht

So hat sich der Grabner Riverstar auf dem Yukon bewährt

Mit einem Luftboot aus Kautschuk den Yukon hinunter zu paddeln, ist eher ungewöhnlich. Mit unserem Grabner Riverstar ist es unseres Wissens noch nie versucht worden. Umso spannender nach den ersten 1000 Kilometern auf dem Yukon deswegen eine Zwischenbilanz. Wie hat uns das Boot bisher über den Fluss gebracht, wo zeigen sich Probleme? Und um es vorwegzunehmen: Ein Problem hat just heute dazu geführt, dass wir eine Reparatur samt erzwungenem Pausentag machen müssen.

Unsere Erfahrungen mit dem Grabner Riverstar

PRO

  • Material: Die teilweise starke Strömung hat uns schon häufiger über Steine und Äste getrieben. Dennoch ist der Bootsrumpf bisher unversehrt geblieben, es gibt nur minimale Kratzer. Die Bootshaut macht generell einen robusten Eindruck.
  • Fahreigenschaft: Durch seine Länge und den kielähnlichen Aufbau des Rumpfes ist die Geradeauslaufeigenschaft des Grabner Riverstar sehr gut.
  • Seegängigkeit: Trotz sehr hoher bis grenzwertiger Beladung ist der Riverstar weiterhin sehr seegängig. Bei aufkommenden Wellen bis 70 Zentimetern sowie hinzukommendem Seitenwind und plötzlich auftretenden extremen Strudeln ist das Boot wenig windanfällig und extrem kippstabil.

CONTRA

  • Persenning: Sie macht grundsätzlich einen guten Eindruck, da man sie an seine Bedürfnisse anpassen kann. Allerdings ist die von Grabner gelieferte Persenning keinesfalls expeditionstauglich. Hier haben wir im Vorfeld zusätzliche Halterungen an jede mögliche Öse alle zehn Zentimeter anbringen lassen. Ein weiterer Nachteil hat sich für uns just heute gezeigt: An fünf Stellen hat sich der auf die Persenning aufgeklebte Spritzschutzring gelöst. Somit lief das Wasser beim heutigen Starkregen ungehindert ins Boot und in die Hose; die gute Laune von Jan-Philipp sank mit jedem einlaufendem Milliliter.
    Wir haben die Persenning deswegen hier in der Wildnis Alaskas bei Regen und Kies- und Sandboden vollständig demontiert und unsere größte Peli-Kiste zur Werkbank umfunktioniert. Anschließend haben wir versucht, mit dem Grabner-Werkstattkleber alles wieder fachgerecht zu verkleben. Highlight: Kontinuierlicher Anpressdruck mittels Treibholz und Steine.
  • Ruderanlage: Von der Größe her ist die Ruderanlage sehr gut proportioniert, um das Boot auch bei Wind- und Wellengang und starker Beladung sicher manövrieren zu können. Allerdings hat sich vor wenigen Tagen die Montagestange des Ruders bei Windstärke 6 Böen 8 gelöst, Wellenhöhe 60 Zentimeter. Nur dank maximalem Kraftaufwand haben wir das rettende Ufer trotz ausgefallener Ruderanlage und querkommenden Wellen erreicht. Nachdem wir die Montagestange wieder angebracht haben, konnte die Reise weitergehen.
  • Sitzkomfort: Der Steuermann hat keinen Grund zur Klage. Gerade für den Schlagmann allerdings mit 1,84 Meter sind die Platzverhältnisse im Beinbereich bei montierter Persenning äußerst überschaubar. Nach mehreren Stunden stellt sich ein extremer Knie- und Beinschmerz ein, der nur durch eine ausgefeilte Umlagerungschoreographie in Grenzen gehalten werden kann. Das Problem ist schlicht die zu geringe Beinfreiheit. Das ganze ist für Philipp als Schlagmann wenig vergnügungssteuerpflichtig, und Steuermann Jan-Philipp vermutet wegen der Lagerungsbewegungen jedes Mal einen unfreiwilligen Kontakt mit Treibholz.

Update, 14. Juli: Wir haben die Persenning in Fort Yukon ein zweites Mal kleben müssen. Außerdem ist der wasserdichte Reißverschluss der Hecktasche jetzt nach vielleicht 100 Verwendungen endgültig hinüber. Leider aus unserer Sicht Armutszeugnis für Grabner, wir werden die Firma anschreiben und ihr Statement hier dokumentieren.

Update, 27. August: Wir haben mittlerweile intensiven Austausch mit dem Firmeninhaber von Grabner gehabt. Insgesamt hat sich das Grabner-Boot auf dem Yukon auf den 3200 Kilometern bis zur Beringsee sehr bewährt, wir haben uns gut und sicher gefühlt und konnten uns auch den teilweise extremen Bedingungen aussetzen.

Als Kritikpunkte bleiben:

  • Dass sich die Süllrandverklebung nach wenigen Tagen und mehrfach bei Hitze gelöst hat, solche Bedingungen herrschen teilweise auch bei einer normalen Tour.
  • Dass die Bug- und Hecktaschen schon nach wenigen Tagen gehakt haben und nach Sandkontakt hinüber waren. Wer seine Tour in sandige Regionen wagen sollte, wäre mit Rolltaschen a la Ortlieb vermutlich besser bedient.
  • Dass die Haltegriffe an Bug und Heck sich irgendwann langsam ablösen, hier wäre eine stärkere Befestigung wie beim Adventure wünschenswert. Dass der Haltestift der Ruderanlage sich öfter mal löst und man ihn wieder festdrücken muss.

Fazit: Jeder, der mit dem Grabner Riverstar eine große Tour machen will, sollte sich mit der Firma Grabner in Verbindung setzen. Auch wir haben uns von der Firma Zölzer Spritzschutzdecken und Persenning expeditionstauglich anfertigen lassen. Wer bereit ist, diese Investition zu tätigen, hat am Ende ein sehr gutes und auch für extremere Bedingungen taugliches Boot.

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Expeditionsbericht

Der ewige Nebel: Von Waldbränden in Alaska

Es ist eine unwirkliche Stimmung, die wir in diesen Tagen erleben. Die Sicht morgens reicht weniger als 100 Meter, danach verschwinden Berge und Inseln hinter einer undurchdringlichen Wand aus Nebel. Dieser löst sich den ganzen Tag nicht auf, denn der vermeintliche Nebel ist in Wirklichkeit Rauch von Waldbränden, die derzeit weit entfernt lodern.

Und so paddeln wir seit zwei Tagen durch eine surreale Landschaft, die an das London Sherlock Holmes‘ erinnert. Mit dem Unterschied, dass wir keine Kriminellen suchen, sondern nur die nächste Insel zum Navigieren. Es ist wie ein ewiger, gelblicher Nebel, der die Sonne hinter sich versteckt und die Tagestemperatur um mehrere Grad Celsius senkt. Vorgestern waren die Rauchwolken sogar so stark, dass wir permanent einen leichten Geruch von verbranntem Holz in der Nase hatten. Da haben wir sogar schon Sorge um unsere Stromzufuhr, weil unser 42-Watt-Solarpanel die Arbeit zwischenzeitlich eingestellt hat.

Wie gehen wir damit um, dass wir nun in Alaska durch ein permanentes sommerliches Waldbrandgebiet paddeln? Gefahr für uns besteht jedenfalls nicht, da die zahlreichen Brände sehr weit entfernt sind. Wir informieren uns dennoch bei den Einheimischen bei jeder Gelegenheit, wie es flussabwärts aussieht. Bisherige Aussage: Die Waldbrände würden erst erloschen sein, wenn der erste Schnee gefallen ist. „Deal with it!“ Bis zum Winter wollen wir dann allerdings doch nicht paddeln, so fantastisch es hier gerade auch ist. Insofern werden wir wachsam bleiben und den ewigen Nebel als das nehmen, was er ist: unabänderlicher Teil der Realität hier oben in Alaska, nahe des Polarkreises.

Waldbrände entstehen hier meist durch Blitze, die bei Hitzegewittern auf die Erde niedergehen. Und während die Kanadier wegen Tourismus und Forstwirtschaft Löschtrupps einsetzen, werden die Flammen in Alaska offenbar weitgehend sich selbst überlassen. Es sei denn, einige der wenigen überhaupt vorhandenen Siedlungen ist betroffen. Immerhin sieht die Realität Alaskas aber so aus, dass die Rauchwolken auch wieder verschwinden. Als wir heute Morgen aufgewacht sind, blickten wir in erst wolkigen, später sogar sonnigen Himmel.

Ein Drittel unsere Reise durch Nordamerika, etwa 1000 Kilometer, liegt nun hinter uns. Wir erwarten nun einige nebelfreie sonnige Tage, peilen die Yukon Flats und Fort Yukon an. Und gehen unser Yukon-Abenteuer morgen frohgemut – und mit reparierter Persenning – weiter an.


English abstract: Since some days, the air is polluted by intense fog. When we rise in the morning, the fog is already there, and it wont’t disappear all day long. It’s really hard to navigate while the entire environment becomes indistinct. This surreal phenomenon results of wildfires and their smoke which heavily take place in Alaska at the moment. You can even smell sulfur and carbon dioxide from burning wood. Deal with it, this is what the locals say. But of course we inform ourselves and speak with locals what’s going on. And what makes us happy is the current view to the sky: The sun is back in Alaska.

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Die Premiere unserer Moskito-Hüte

Irgendwann musste dieser Moment ja kommen. Nach drei Wochen in der Wildnis waren die Moskitos so zahlreich und aufdringlich, dass wir einschreiten mussten. Also haben wir zu den Moskito-Hüten gegriffen, die wir bisher nur jeden Tag wieder mit wohligem Grausen in die Bootstaschen zurückgestopft hatten.

Doch am Freitagabend haben wir uns entschieden, erstmals nach drei Wochen eine Cabin anzusteuern. Das sind kleine Hütten im Wald, die rudimentär mit Ofen und Sitzecke ausgestattet sind. Und so schön das auch ist: der Weg dorthin ist ein Moloch aus Moskitos. Ihr glaubt gar nicht, wie SEK-artig wir jedes Mal die Tür aufgestoßen und wieder geschlossen haben, um ein Eindringen der Mücken-Malaise zu verhindern.

Und dann kam beim Bootsentladen der besagte Moskito-Hut zum Einsatz. Weder modisch noch komfortabel – aber zumindest ist man seine Opferrolle hier im Busch eine Weile los. Nur irgendwie haben wir das Gefühl, dass wir die Hüte nicht zum letzten Mal eingesetzt haben.





English abstract: Mosquitos. Pain in the ass. For heavens sake we had our mosquito hats.

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Hochsommer am Polarkreis: Ankunft in Fort Yukon

Wir paddeln nun offiziell durch ein Polargebiet. Gestern haben wir auf unserem Weg den Breitenkreis 66,56° überschritten, heute machen wir einen Pausentag in Fort Yukon. Allerdings fühlt sich dieses ominöse Polargebiet gerade sehr unarktisch an: Wir sind vielmehr mitten im Hochsommer Alaskas.

Seit mehreren Tagen haben wir hier Temperaturen jenseits der 28 Grad Celsius und keinerlei Regen. Unsere Bräune erinnert eher an einen Karibik-Urlaub als an eine Paddel-Expedition im hohen Norden Amerikas. Aber halt: Klage führen wollen wir nicht. Wir haben schon anderes Wetter, schon andere klimatische Bedingungen hier am Yukon erlebt. Und wir werden auch wieder völlig andere Bedingungen haben.

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Fort Yukon also, eine 800-Seelengemeinde fast am nördlichsten Punkt des Yukon. Wir haben unser Zelt auf einer Rasenfläche aufgestellt, die bisweilen als Versammlungsort für die Natives genutzt wird. Ansonsten, Fort Yukon, nun ja. Für Alaska-Verhältnisse eine riesige Stadt, allerdings ohne Straßenverbindung zur Außenwelt. Und dass alle Güter aus der Luft herantransportiert werden, merken wir am regen Flugverkehr über unseren Köpfen. Es reicht aber ein Blick auf den Kassenbon des Dorfsupermarkts. Wir sagen nur: Zehn Dollar für drei Paprika. Doch für frisches Obst und Gemüse haben wir diese Summeg erne bezahlt, so schwer ist es in Alaska zu bekommen.

Fort Yukon. Staubige Straßen, Nadelwald, Zweckbauten in allen Farben eines Tuschekastens. Verlassene Gebäude aus Wellblechpappe, herumrasende Quads. Ein Dieselgenerator, der ununterbrochen röhrt und das Dorf mit Strom versorgt. An das letzte Verbrechen kann sich hier keiner mehr erinnern, eine Person fungiert als Bürgerwehr, kutschiert aber eher gemütlich durch die Stadt und ignoriert Besucher mit verbotener Bierflasche in der Hand – wie unserer derzeitiger Mitreisender Garret. Oder Philipp, der sich nach dem Supermarkteinkauf auf der Ladefläche eines Pickups in halsbrecherischer Fahrt zurück zum Zelt bringen lässt.

Fort Yukon. 1280 Kilometer Yukon liegen hinter uns. Zeit, die Millionen Kleinigkeiten zu erledigen, die von Zeit zu Zeit anfallen. Wie zum Beispiel: Feststellen, dass das Bloggen über Satellit alles andere als reibungslos funktioniert und das System alle englischen Zusammenfassungen und einige andere Absätze verschluckt hat. Sorry, als die Iridium-Satelliten gebaut wurden, gab es noch keine Blogs. Wir arbeiten dran.

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Was erledigen wir sonst noch heute? Unsere Ausrüstung reinigen und in Ordnung bringen, Geräte laden, Kleidung waschen, Boot reparieren, Lebensmittel einkaufen und umpacken, alles wieder auf Vordermann bringen. Und ja, auch mal kurz Luft holen nach einem so großartigen ersten Monat hier in Nordamerika.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

English abstract: Sorry, the blogging via Iridium satellites is not without issues. Without any reason, the system didn’t post the last English abstracts we wrote for you. Hopefully, we have fixed that now. We try to attach the abstracts to the blog posts. So, what’s going on? We are beyond the arctic circle, but it doesn’t feel like it. We are seeing temperatures above 28 degrees Celsius and lots of sun. We are really enjoying this as we already had and definitely will experience other weather conditions again. We did a break in Fort Yukon for repairing things, doing the Laundry, stock up food and many more things which have to be done on such a long trip. We are now on Mile 795 of the Yukon River, and our expedition continues tomorrow morning.