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Expeditionsbericht

100 Kilometer, immer Carmacks entgegen

Und wieder ist es weit nach Mitternacht, irgendwo in den ewigen Weiten des Yukon Territory. Wir sind immer noch wach, die Vögel zwitschern, die Natur macht in dieser Nacht keine Pause. In einem Kraftakt haben wir es geschafft, von unserem Nachtlager vor Big Salmon bis zum kleinen Dorf Carmacks zu kommen. Knapp 100 Kilometer haben wir uns vorgearbeitet, Biegung nach Biegung, Flussschleife nach Flussschleife.

Zwischendurch ist es heiß geworden, so dass wir unsere Boote – die liebenswerten Österreicher Herwig und Volkmar sind weiter Teil der Truppe – kurzzeitig zum Sonnendeck umgeflaggt haben. Wo schmeckt ein Honig-Müsliriegel besser als auf einem Boot, sich langsam den Fluss hinunter treibend?Zugebener Maßen ist dazu das leicht rauchige abgekochte Trinkwasser etwas gewöhnungsbedürftig, aber dafür ist es keimfrei.

Die Schwielen an den Händen nehmen derweil zu, die Blasen ebenso, Muskelkater und andere kleinere Befindlichkeiten paddeln wir derzeit weg. Die Bärte werden länger, die Bräune nimmt zu. Wir sind glücklich und ein wenig stolz, die ersten 300 Kilometer unserer Reise und auch den heiklen Lake Laberge so gut und schön verbracht zu haben.

Wie geht’s jetzt weiter? Heute Abend haben wir am Camp Coalmine in Carmacks festgemacht (Danke, Chris!). Ein Zeltplatz inmitten von Nadelbäumen, außerdem mit heißer Dusche und warmem Essen. Nach sechs Tagen schließlich ein Glücksgefühl, das einem die drei Dollar und 6,5 Minuten lange Dusche beschert. Motto von Jan-Philipp: Wie Achterbahnfahren. Man steigt ein, hat eine tolle Zeit, und urplötzlich und viel zu schnell ist alles schon wieder vorbei. Denn wir haben zwar als echte Abenteurer genug Cash am Mann, aber kaum Dollar-Münzen.

Morgen nehmen wir uns einen Tag Auszeit, um die Ausrüstung zu pflegen, sortieren und zu überprüfen. Die kommenden Abschnitte wollen geplant werden. Außerdem möchtem wir uns In Carmacks mit frischem Lebensmitteln eindecken, bevor es Donnerstag wieder weiter geht Richtung Dawson City. Bis dahin sind es noch gut 400 Kilometer auf Yukon. Weiter, immer weiter durch Kanada.

Weitere Bilder folgen.

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WLAN sei Dank: Eine kleine Foto-Galerie

Diese sogenannte Zivilisation hat ab und zu auch Vorteile. Wie hier in Carmacks in Form von Duschen und sogar einer Waschmaschine. Für Euch aber natürlich besonders interessant ist das verfügbare WLAN. Zwar scheiterte die Frau am Tresen komplett an unseren Namen, aber wir haben unseren Benutzer-Account dann doch noch bekommen. Deswegen hier einfach mal unkommentiert einige Fotos der letzten Yukon-Tage.

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Feuertaufe in den kanadischen Strom-Schnellen

Sie sind unter Yukon-Befahrern sagenumwoben, heute haben wir sie gut hinter uns gebracht: die Stromschnellen Five Finger Rapids und Rink Rapids. Und nachdem wir im Vorfeld manch Legende und irritierende Geschichte gehört haben, war uns trotz aller guten Vorbereitung dann doch etwas bange zumute.

Als früher die Dampfschiffe auf ihrem Weg zwischen Whitehorse und Dawson City durch die Stromschnellen fahren mussten, kam es regelmäßig zu Schiffbruch und tödlichen Unfällen. Denn mitten im Fluss ruhen nebeneinander fünf Felsen, an denen sich der Yukon vorbeizwängen muss und entsprechend schnell wird. Heitere Aussichten, oder? Immerhin wurde aber mittlerweile ein Teil eines Felsens weggesprengt, um die Befahrbarkeit zu verbessern. Eine Sonntagsfahrt müssen die Rapids deswegen noch lange nicht werden. Deswegen auch die Vorsichtsmaßnahmen: Rettungsweste ist sowieso Pflicht, die Ausrüstung ist allesamt sicher vertäut, Paddelsicherung, Schwimmleine an Rettungsweste, Persenning zum Schutz vor eindringenden Wasser noch einmal festgezurrt. Und 33 weitere Dinge. Auch die Spiegelreflex muss unter Deck, deswegen gibt’s hier erstmal nur ein Bild aus der Ferne. Und dann, das Grollen. Schon aus der Ferne ist es zu hören. Wir biegen mit unserem Kajak um die Kurve, tasten uns voran. Langsam nimmt die Strömung zu, wir fahren immer näher an die majestätischen Felsen. Wir halten uns ganz rechts, alles andere wäre gefährlich. Von oben rechts ruft jemand von der Aussichtsplan etwas herunter. Wir können ihn nicht verstanden, nehmen es aber als Aufmunterung. Und dann schlägt der Yukon schon mächtige Wellen, Schaumkronen sind zu sehen, unser Boot mit dem Fracht-Aufbau schaukelt schon etwas. Aber harte Schläge, möglichst geschwind und kontrolliert durch die Wellen und Strudel. Und nach fünf Minuten ist alles vorbei, der Fluss beruhigt sich wieder. Und wir jubeln. Irgendwie hat es sogar Spaß gemacht.

Die Rink Rapids kommen dann einige Kilometer später. Aber auch wenn es linkerhand mächtig schäumt und braust, fahren wir am rechten Rand des Flusses mit Kraft, aber letztlich entspannt daran vorbei. Und die gute Nachricht: Herausforderungen warten sicher noch reichlich auf uns, Stromschnellen aber nicht mehr. Heute Abend gab’s auf die bestandene Feuertaufe erst mal ein echtes Luxusgut: eine Tüte Chips zum Nachtisch, eigens über den Yukon gepaddelt. Und wir, wir stehen inzwischen bei 370 Flusskilometern. Die Rapids waren eine Episode, die wir mit Euch geteilt haben. Es gibt so viel mehr und einzigartiges, was wir hier jeden Tag erleben. Davon werden wir erzählen, von Zeit zu Zeit, von unserer Yukon-Tour im Zeichen der niemals untergehenden Sonne.

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Männer, die auf Wolken starren

Wenn wir eines lernen in diesen Tagen, so ist es die Unberechenbarkeit des Wetters. Der kanadische Sommer ist ein launisches Wesen. In vielen Momenten zeigt er sich von seiner schönsten Seite. Man sieht es der Bräune in Gesicht und Armen mittlerweile an.

Doch wehe, wir paddeln manchmal auch nur eine Biegung weiter. Schon geraten wir in einen heftigen Schauer, der seinesgleichen sucht. Regenjacke, Spritzschutz, Südwester? Vergesst es. Dann hilft nur noch: in rasender Geschwindigkeit anlegen, Boot festmachen, in den Wald und das Tarp aufspannen. Und spätestens dann bricht das Unwetter auch schon schon über einen herein: Mit gewaltigen Windböen, teilweise Hagel und Unmengen Regen. Nach einer halben Stunde ist dann meistens alles wieder vorbei. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, war da was?

Es gibt aber auch den anderen Regen in Kanada, den „Ich ziehe knapp an Euch vorbei und ärgere Euch“-Regen. Wir haben also gerade mit der obigen Prozedur einen Regenunterstand aufgebaut…. und es tröpfelt über Stunden links ein bisschen und rechts ein bisschen. War es das jetzt, kommt da noch was? Denn bei Regen können wir fahren, nicht aber bei einer Sintflut. Und so starren wir mit bangem Blick in den Himmel und versuchen uns als Meteorologen. Motto: Wenn’s mal wieder länger dauert. Bei einem solchen Anlass ist auch das – tatsächlich ungestellte – Foto in diesem Beitrag entstanden. Das Warten auf Regen oder eben Nicht-Regen war dann doch zu ermüdend.

Mittlerweile haben wir aber weitere ausgefeilte Taktiken entwickelt, um dem Regen ein Schnippchen zu schlagen. Methode I: Boot treiben lassen, bis der Regen vor einem niedergeregnet ist. Methode II: Wetterbericht ignorieren. Das Wetter lässt sich hier genau so treffsicher vorhersagen wie die Lottozahlen. Methode III haben wir vor wenigen Stunden an unserem Nachtlager auf einer Insel ausprobiert. Während es um uns herum auf allen Seiten über Stunden schüttete, schien auf unser Lager die warme Abendsonne. So machen es wohl die wahren Profis in diesem kanadischen, ein wenig launischen Sommer.

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Dawson: Zu Besuch in der Stadt der Goldgräber

Nach entspannten 40 Kilometern Paddeln haben wir vor wenigen Stunden Dawson City erreicht. Dawson, ein paar tausend Einwohner; keine Stadt ist mehr mit dem Klondike und dem Goldrausch verbunden. Wie sind nach vielen Tagen auf Inseln und in Wäldern wieder auf einem Campingplatz untergekommen. 720 Kilometer sind geschafft! Ein tolles Gefühl.

Spannend war es allerdings, unsere handlichen und federleichten Peli-Kisten und die Ausrüstung hier den Berg hinauf zu schleppen. Immer ein schöner Workout nach einem Paddeltag. Dafür gibt es hier einen netten ausgewanderten Deutschen als Betreiber – sowie eichhörnchensichere Schließfächer. Der Zeltplatz ist komplett Marke Eigenbau, man könnte es auch ein liebevolles Arrangement aus Schrott nennen. Aber nett ist es wirklich.

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Unser vorläufiges Highlight war gerade die heiße Dusche, die vom Ambiente her an amerikanische CIA-Filme erinnert. Ein unbeleuchteter Raum mit einem Bollerofen, der die Temperatur auf kuschelige Saunatemperatur bringt. Dazu zwei riesige Tonnen, die mit kaltem und heißem Wasser gefüllt sind. In der Mitte dieses Raumes ein Hocker, der punktgenau von einem Oberlicht beschienen wird. Und darauf sitzt man dann, mischt sich kaltes und heißes Wasser zusammen und testet die Methode „Eimerdusche“. In einem Setting, in dem man jeden Moment einen amerikanischen Agenten zum Verhör samt Waterboarding erwartet. Es hat auch tatsächlich jemand angeklopft; es war aber Gott sei dank nur ein duschwilliger Zeltnachbar.

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Hinterher wollen wir noch etwas essen gehen mit unseren österreichischen Freunden, deren Tour hier zu Ende ist. Außerdem warten noch der Waschsalon, der Saloon, die Spielbank und eine Runde Goldschürfen auf uns. Morgen ist dann der Nationalfeiertag Canada Day, bei dem wir uns einen Kostümmarsch durch die Stadt nicht entgehen lassen wollen. Soweit erstmal aus Dawson City, der magischen Goldgräberstadt am Yukon. Bevor wir Freitagmorgen wieder lospaddeln, unsere Vorräte aufgestockt und unsere Ausrüstung auf Vordermann gebracht haben, werden wir sicher noch einmal von uns hören lassen.