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Kurzgeschichte

Yukon, ein Jahr danach

Yukon, genau vor einem Jahr. Nach zweieinhalb Monaten auf dem großen Fluss ist es jetzt bis zum Ziel unserer Reise nicht mehr weit: Emmonak an der Beringsee. Es ist Samstag, der 22. August 2015 deutscher Zeit. Nach Stunden als Spielball der Urgewalten erreichen wir endlich einen Seitenkanal. Hier sind die sich auftürmenden Wellen nicht mehr ganz so hoch und der stürmische Wind bläst nicht mehr ganz so stark. Permanent halten wir trotz Regens Ausschau nach diesem kleinen Fischerdorf namens Emmonak, sind geschlaucht von den hammerharten letzten Paddeltagen im Herbst Alaskas.

Schließlich nähern wir uns einer Siedlung mit Booten und Kränen; aber ist sie auch unser Ziel? Wir paddeln weiter, geben noch einmal alles, und passieren einen großen am Hafen liegenden Fischereitrawler. „Hi, is this Emmonak?“, brüllen wir den Männern am Heck zu. „Yes, welcome!“ schreien sie zurück. Und wir wissen, dass wir es wirklich geschafft haben. Das Ende einer Reise, die uns mehr als 3000 Kilometer auf dem Yukon River fast von der Quelle bis zur Mündung geführt hat.

Ankunft in Emmonak ohne Freudentaumel

Wir suchen einen Platz zwischen den kleinen Fischerbooten, die sich dicht an dicht an den Strand schmiegen. Und schließlich schiebt sich unser Kajak an einer freien Stelle in den Sand. Doch es gibt kein Himmelhochjauchzen. Wir sind einfach nur erschöpft und leer in diesem Moment, sind nicht in der Lage, das alles zu verarbeiten. Und wir müssen zusehen, dass die Wellen nicht auf den letzten Metern doch noch die anderen Boote auf unser Grabner-Kajak schieben.

Philipp organisiert einen Transporter, der unser Boot samt Ausrüstung wegbringen soll. Und so sitzen wir schließlich selbst auf der hölzernen Ladefläche, als der Pritschenwagen über den verschlammten Weg vom Strand weg fährt. Und genau dort entsteht nun dieses eine Foto von uns beiden, was uns im Nachhinein immer noch bewegt. Das Foto ist unscharf, weil Regen und Sand die Linse trüben. Das Foto erfüllt nicht in Ansätzen professionelle Kriterien. Und wir selbst? Wir sind verdreckt, durchnässt, übermüdet und nur allzu vollbärtig. Doch dieses eine Bild ist eigentlich viel besser als all die idyllischen, choreografierten Fotos. Es ist eine ehrliche, unperfekt perfekte Aufnahme am Ende unserer grandiosen Tour. Einer Tour, die so viel mehr bot als Hochglanz-Sonnenuntergänge und Wildnis-Panoramen.

Ein Blick zurück mit Stolz

Yukon, genau vor einem Jahr. Wir denken mit Freude, mit Stolz, ja, mit Wehmut an die Zeit auf dem Yukon zurück. Es war eine Zeit der einmaligen Erlebnisse, der Grenzerfahrungen, eine Reise zu neuen Ufern. Und: Wir würden es immer wieder machen. Es waren zweieinhalb Monate auf diesem einzigartigen Fluss, die uns verändert und bereichert haben.

Yukon, genau vor einem Jahr: Wir sind sehr dankbar für unsere gemeinsame Zeit in Kanada und Alaska. Und dankbar allen, die uns auf diesem Weg begleitet haben.

FOTO: YUKON-BLOG.DE

 
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Expeditionsbericht

Yukon. Emmonak. Ende einer langen Reise.

Emmonak, Beringsee, Alaska. Nach 65 Tagen auf dem Yukon sind wir am Ziel unserer langen, grandiosen Reise.

Glücklich. Erschöpft. Überwältigt. Demütig. Stolz.

Heute hatten wir noch einmal schwer zu kämpfen mit den mit Abstand größten Wellen, dem stärksten Gegenwind, dem heftigsten Regen. Yukon, Du hast Dich zum Abschied noch einmal in Deiner rauen Schönheit gezeigt.

Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse. So viele, die wir noch nicht in Ansätzen verarbeitet haben. Egal. Wir sind am Ende einer 3200 Kilometer langen Reise auf dem großen Fluss durch Nordamerika. Eine Reise, die Spuren hinterlassen hat.

Emmonak, Beringsee, Alaska. Nach 65 Tagen auf dem Yukon sind wir am Ziel. Freunde, wir haben es geschafft!

English abstract: Emmonak, Bering Sea, Alaska. We really made it. So happy, exhausted, without words. 2000 miles on the Yukon River. What a trip of a lifetime.

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Expeditionsbericht

Endspurt bis nach Emmonak

Heute gilt es, und ihr könnt bei unserem hoffentlichen Endspurt sozusagen live dabei sein.

Nach einem weiterem heftigen 12-Stunden-Paddeltag am Donnerstag – Heimweh und leichter Rückenwind – stehen wir am heutigen Freitag vor den Toren Emmonaks. Und dann: endlich mal wieder duschen… Da der Fluss-Führer die Kilometerangaben in diesem Abschnitt nicht nachvollziehbar berechnet hatte, sind wir nun trotz gestriger 80 Kilometer immer noch 35 entfernt. Und für nachmittags ist starker Wind vorhergesagt, außerdem warten noch in paar navigatorische Highlights wie Sandbänke, so dass wir wieder sehr früh starten. Andererseits, 35 Kilometer von 3200…

Zur Feier des Tages versuchen wir es heute mal mit einem batteriefressenden, aber viel genaueren Tracking. Alle zehn Minuten sollte die Karte aktualisiert werden. Ab etwa 19 Uhr deutscher Zeit könnt Ihr also, wenn Ihr wollt, verfolgen, wie wir uns die letzten Kilometer an Emmonak an der Beringsee heranarbeiten. Und hoffentlich gegen Mitternacht deutscher Zeit tatsächlich am Ziel ankommen, dem Ende unserer Yukon-Tour.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

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Expeditionsbericht

Essen am Yukon: Zehn leckere Lagerfeuer-Mahlzeiten

Was isst man jeden Abend als Mahlzeit am Fluss, am Lagerfeuer, irgendwo in der Wildnis? Beim Gang durch die Supermärkte zu Beginn unserer Reise wurde uns jedenfalls schnell klar: Mit Fertigmahlzeiten kommen wir nicht weit, und wir wollen es auch nicht. Auch die erschütternde Zuneigung der Kanadier zu Käse in allen Verabreichungsformen teilen wir nicht uneingeschränkt. Wir hungern nun aber auch nicht am Yukon, sondern bereiten uns aus möglichst vielen frischen Zutaten, Grundlebensmitteln und improvisierten Rezepten jeden Tag eine – mehr oder weniger – schmackhafte Mahlzeit zu.

Wir präsentieren: Zehn Lagerfeuer-Mahlzeiten, mit denen wir am Yukon schon sehr gut satt geworden sind. Viele der Rezepte sind zur Nachahmung empfohlen. Allerdings plant für die Zubereitung in der Wildnis teilweise lieber einen ganzen Abend ein.

Menü 1: Outdoor-Pizza

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Auf den ersten und zweiten Blick nicht gerade das naheliegende Outdoor-Rezept, aber unübertroffen lecker. Für den Teig haben wir Wasser, Mehl, Zucker, Salz und Trockenhefe verwendet und ihn mit einer Nalgene-Flasche ausgerollt. Als Belag Tomatensauce aus Dosen, Mais, Paprika, Zwiebeln, Trockenfleisch sowie am Ufer geernteten wilden Schnittlauch. Dazu Gewürze wie Oregano, Thymian und Rosmarin, sogar Käse passte in Scheiben geschnitten obenauf. Auf einem Edelstahlblech ab aufs Lagerfeuer. Etwas schwierig ist es nur, den Schmelzpunkt des Käses mit dem Backen des Bodens zu synchronisieren. Die Belohnung ist dafür anschließend fürstlich: So eine gute Pizza haben wir selten gegessen. Schulnote: 1+.

Menü 2: Chicken-Curry

Motto „Kann man durchaus mal machen“. Zwiebeln und Paprika auf höchster Lagerfeuer-Stufe scharf anbraten. Mais kommt ebenfalls hinzu, die Sauce wird gebildet aus entrahmtem Milchpulver (Skimmed) und Wasser. Als Fleischbeilage eignen sich Hühnchenstückchen aus der Dose. Beim Abschmecken besser dezent mit Pfeffer und Curry umgehen, glaubt uns. 🙂 Den Reis haben wir separat gekocht. Anschließend gemeinsam servieren. Schulnote: 2, wenn man vorsichtig würzt.

Menü 3: Tonno-Gemüse-Pasta

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Ein simples Rezept aus gewöhnlichen Zutaten, es funktioniert auch mit Reis, was wir aber dennoch schätzen gelernt haben. Und was sich zu unserem Klassiker nach langen Paddeltagen entwickelt hat. Zwiebeln scharf anbraten, Paprika, Thunfisch aus der Dose und Mais anschließend hinzugeben. Nudeln separat kochen, Tomatensauce hinzugehen und alles noch ein wenig köcheln lassen. Schulnote: 1-

Menü 4: Süßer Kaiserschmarrn

Dieses Menü war auf einer Reise mit zwei Österreichern natürlich gesetzt. Zwölf frische Eier trennen und das Eiweiß – in aufopferungsvoller Arbeit nach einem Paddeltag – zu Eischnee schlagen. Ohne Schneebesen definitiv nicht zu empfehlen. Dann Eigelb mit ordentlich Zucker, einer Prise Salz und Milch verrühren, anschließend Weißmehl hinzugeben und alles vermengen. Zum guten Schluss nach Belieben Rosinen hinzu, Eischnee unterheben und in kleinerem Portionen ab in die Pfanne. Schulnote: 1, ein Traum nach getaner Arbeit.

Menü 5: Quinoa-Ensemble

Quinoa, was soll man sagen? Eine Zutat aus dem veganen Folterkeller für die Geschmacksknospen von Normalsterblichen (sorry, Jens). Die bunte Getreidevielfalt in unsere Packung haben wir „Vogelfutter“ getauft. Um das in einem irrlichternden Moment erworbene Quinoa dennoch zu einer zumindest für uns akzeptablen Speise zu verarbeiten, haben wir es mit Brühe quellen lassen. Anschließend haben wir angebratenen Mais und Paprika sowie Tomatensauce, italienische Kräuter und Dosen-Lachs hinzugegeben. Das fertige Menü sah optisch zweifelhaft aus, schmeckte aber überraschend gut. Schulnote: 2-.

Menü 6: Eierpfannekuchen mit Gemüse und Fleisch

Ein weiteres Rezept unter dem Motto „Gleiche Lebensmittel, aber neu verpackt“. Dazu Mehl – Zwölf frische Eier reichen für vier Personen… – und vier Esslöffel Eipulver, vier Esslöffel Milchpulver, ein Päckchen Backpulver sowie Salz und Zucker mit reichlich Wasser vermengen. Dann Paprika, Mais, Zwiebeln, Dosenpilze und Trockenfleisch vorsichtig anbraten und abschmecken. In einen großen Topf oder besser Pfanne viel Öl gießen, anschließend etwas Teig hineingeben und braten. Unser Pfannekuchen endete allerdings in einer Art herzhaftem Kaiserschmarrn. Schulnote: Sehr mächtig, 2-.

Menü 7: Minestrone-Suppe mit Nudeln

Ein Menü unter der Prämisse „Schnell, warm und sättigend“. Dazu einfach die Fertigsuppe mit zusätzlichen Nudeln anreichern und alles köcheln lassen. Geht wirklich schnell, schmeckt aber ausbaufähig. Schulnote: 3.

Menü 8: Gemüse-Polenta

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Maismehl quellen lassen, dann gedünstetes Gemüse nach Belieben hinzufügen. Masse auf einem Metallblech ausstreichen und bei geringer Hitze auf dem Feuer backen. Wenn möglich, gerne kurz vor dem Servieren mit frischgeerntetem Schnittlauch überstreuen. Ein Rezept, das die beiden wackeren Yukon-Paddler unterschiedlich überzeugt hat. Jan-Philipp vergibt eine 2, Philipp eine 4+.

Menü 9: Kartoffel-Püree

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Ein simples Menü, das aber beim Einsatz von frischen Kartoffeln zu einem abendfüllenden Projekt mit hohem Treibholz-Bedarf am Lagerfeuer wird. Kartoffeln also weich kochen, außerdem Zwiebeln braten und mit Trockenfleisch anreichern. Kartoffeln danach würzen, pürieren, Milch hinzugehen und mit dem Zwiebel-Trockenfleisch-Gemisch servieren. Schulnote: 2+.

Menü 10: Makkaroni and Cheese

Wenn es in Strömen regnet und eine ausgefeilte Outdoor-Küche an den Bedingungen scheitert, darf es auch mal schnelle Küche sein. Dazu in einem Topf die Nudeln kochen, im anderen die Milch-Käse-Sauce vorbereiten. Gräfe-und-Unzer-Kochbuch-Kategorie: „Gelingt leicht.“ Schulnote: Für ein Fertigmenü in Ordnung, 3.

Wenn Ihr neben der Zeit für das Zubereiten und Kochen auch noch die Lager- und Lagerfeuer-Errichtung, das Spülen und die Frischwasserzubereitung rechnet, dann hat das Wort abendfüllend wahrlich seine Berechtigung. Dennoch können wir uns schlimmeres vorstellen, als einen langen Paddeltag mit Lagerfeuer-Pizza ausklingen zu lassen, gefolgt von frischem selbstgemachtem Popcorn mit Zucker und Honig. Allerdings wird es im Flußverlauf immer und wesentlich schwieriger, an gute und frische Lebensmittel zu kommen. Unsere Küche wird also derzeit zwangsläufig eindimensionaler. Diese Umstand versuchen wir durch NOCH mehr Kreativität und beispielsweise selbstgebackenem Brot entgegenzuwirken.

Und vielleicht dient unsere kleine Menüsammlung ja auch dem ein oder anderen von Euch draußen oder daheim zur Inspiration? Wir sagen jedenfalls: Guten Appetit vom Yukon.


English abstract: Cooking in the wild mustn’t result in instant food and inedible meals. Therefore, we try to activate our cooking skills and prepare delicious things out of basic food such as flour, yeast, raisins, rice, skimmed milk powder and more. Then we combine it with fresh ingredients such as potatoes, pepper, onions and eggs. This resulted so far in four weeks of mostly tasteful, at least filling meals. In this blog post, we present a selection of ten of our best ones. Although we are not able to translate them to you, you can at least feel inspired by our photos.

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Expeditionsbericht

Dosenbier mit den Bewohnern Fort Yukons

Alles begann harmlos. Aber es endete in einer Nacht mit reichlich Alkohol und etwas mehr Gästen, als uns hinterher ehrlich gesagt lieb war.

Philipp will also gestern Abend eigentlich nur zwei junge Menschen auf einem Quad anhalten, um sie nach dem Weg zur Wasserstelle zu fragen. Kurzerhand geht es auf der Höllenmaschine weiter, im Eiltempo zum Wasser und dann zur Grundschule mit dem kostenlosen WLAN. Anschließend plaudert man noch eine Weile, bis die beiden Mittzwanziger Jordan und Harlan schließlich Philipp mit seinen Wassersäcken wieder am Zelt absetzen.

So weit, so unglaublich hilfsbereit und freundlich. Schnell macht dann im Camp das erste kühle Bier die Runde, dann auch zwei, und wir unterhalten uns angeregt über unsere Tour, Fort Yukon und über das Leben in Alaska. Doch plötzlich parken weitere Quads neben unserem Zeit. Dann kommt noch die Schwägerin dazu, ein befreundetes Ehepaar samt völlig betrunkenem Ehemann, zufällig vorbeikommende Bewohner, Freunde, Feinde, Bekannte. Und so wird die spontane Zusammenkunft plötzlich zu einer Fort-Yukon-Party unter freiem Himmel, Lite-Bier und Wodka kreisen, und weit nach Mitternacht spendet das prasselnde Lagerfeuer etwas Wärme.

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Bis hier hin ist es eine unerwartete, aber fröhliche und spannende Begegnung. Dann allerdings verlassen uns nach einem langen Paddeltag die Kräfte. Was die Furt Yukoner aber nicht davon abhält, kräftig weiter zu trinken, laute Musik zu hören und zu diskutieren. Alaska hat ein massives Alkoholproblem? Zweifelsohne. Ein Dilemma jedenfalls für uns: Die Menschen sind sehr gastfreundlich zu uns, haben Bier verschenkt, und es ist ihr Dorf, in dem wir zelten. Aber auch als wir taumeln und immer schweigsamer werden, kommt die Botschaft erst nach Stunden und immer deutlicherer Signale an. Dann kommen wir gegen drei Uhr ins Bett. Und sind dennoch sehr dankbar für diesen ungewöhnlichen und aufregenden Abend. Und eine Lektion haben wir auf jeden Fall gelernt: Ist der Anfang erst mal gemacht, ist man in den Dörfern Alaskas niemals allein.




English abstract: What had its beginning in a question about the right way to the potable water station, resulted in a wonderful alcohol-driven campfire night at our camp site with a lot of inhabitants of Fort Yukon. It was amazing to get to know the real people in Alaska. And, to be honest, after weeks of paddling we were finally also happy to get some sleep at 3am.