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Die Touren der Anderen

Yukon 2018: Zwei Franzosen wollen bis zur Beringsee

Sie wollen ihren Traum vom Yukon 2018 leben: Louis und Quentin aus Frankreich planen für Juni ihr dreimonatiges Abenteuer auf dem großen Fluss. Die beiden 21-jährigen Franzosen haben wir kennengelernt, weil sie uns wegen unserer Erfahrungen angeschrieben hatten. Und was sie vorhaben und wie sie es umsetzen, ist beeindruckend. (PDF-Interview in English. L’interview français via Google Translate.)

Für dieses Interview haben wir länger mit Quentin über den gemeinsamen Yukon-Traum gesprochen. Warum eine Mundharmonika an Bord nicht fehlen darf, wie sich die beiden Franzosen auf den Lofoten vorbereitet haben. Und warum ihre Aufregung inzwischen ungeahnte Höhen erreicht hat.

Yukon 2018: Interview mit einem Abenteurer

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Warum wollt Ihr unbedingt auf den Yukon? Der Mississippi und der Amazonas sind ja auch lange Flüsse …

Quentin: Louis und ich hatten beide eine tiefe Sehnsucht nach diesem einen Abenteuer unseres Lebens. Das war vor drei Jahren, als wir gerade erst unser Studium aufgenommen hatten. Allerdings wussten wir da noch überhaupt nicht, was das denn eigentlich für ein Abenteuer werden und wo es stattfinden sollte. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht einmal, dass wir es am Ende zusammen angehen würden. Doch was uns schon immer innewohnte, war die Faszination von der nordamerikanischen Wildnis. Von mysteriösen und wunderschönen Orten mit atemberaubender Natur und völliger Einsamkeit.

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Wie haben sich Eure Abenteuer-Pläne für den Yukon seitdem entwickelt?

Quentin: Louis war der erste, der aus seinen Träumen Realität werden lassen wollte. Nach umfangreichen Recherchen war für ihn klar, dass das Paddeln für ihn der beste Weg für Reisen über extreme Distanzen ist. Paddeln ist komfortabler und weniger kräftezehrend als eine Fernwanderung oder eine Radtour. Es ist nicht derart anspruchsvoll wie Motorsport oder Reiten. Außerdem führen Flüsse nun mal oft durch die abgeschiedensten Ecken der Welt, was einem das Reisen durch echte Wildnis ermöglicht. Zu guter Letzt hat man auf dem Fluss immer in klares Ziel vor Augen: das Meer!

Als wir über unsere Träume sprachen, wurde uns klar: Wir sollten sie uns gemeinsam erfüllen.

Auch wenn wir bis dato nur sehr wenig Erfahrungen im Wassersport hatten, schien die Reise mit einem Kajak also für unser Abenteuer sehr vielversprechend zu sein. Im Kajak würden wir genügend Platz für Zelt und unsere Ausrüstung haben und gleichzeitig fernab von Straßen und Zivilisation unterwegs sein. Im nächsten Schritt war die Entscheidung für den Yukon für uns nur folgerichtig. Es ist ein sehr ambitioniertes Vorhaben, weil der Fluss mit 3200 Kilometern sehr lang ist und Alaska vollständig durchquert. Aber es stellt immerhin keine extremen Anforderungen an die eigenen Paddelfähigkeiten, weil es keine schwierigen Wildwasser-Passagen gibt.

Schön, wenn man eine Drohne hat.

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Die meisten Yukon-Abenteurer paddeln allein. Was steckt hinter Eurem Duo? (ein Konzept, was wir natürlich empfehlen können…)

Quentin: Die eigentliche Idee entsprang Louis‘ Fantasie und seinen Recherchen. Eigentlich wollte er die Yukon-Expedition alleine angehen. Ich selbst hatte wie erwähnt zwar ebenfalls Pläne für ein verrücktes Abenteuer, die aber eher vage waren. Als wir über unsere Träume sprachen, wurde uns klar: Wir sollten sie uns gemeinsam erfüllen. Wir kommen gut miteinander aus, haben auch schon gemeinsame Erfahrungen als Pfadfinder gemacht. Und nicht zuletzt: Wir hatten eine ähnliche Vorstellung von unserem Abenteuer. Ich musste dann nur noch herausfinden, ob ich einen derart langen Trip mit meinem Studium vereinbaren kann. Als das geklärt war, haben wir uns mit fliegenden Fahnen auf den Yukon als gemeinsames Ziel eingeschworen.

Alleine ein solches Projekt anzugehen, erschien mir für einen 21-Jährigen ohne jede Kanu-Erfahrungen unverantwortlich. Als Team helfen wir uns gegenseitig, können über die Erfahrungen sprechen und schöne Momente teilen, und es wird unsere Freundschaft stärken.

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Wie wollt Ihr auf dem Yukon 2018 Eure Aufgaben an Bord und an Land verteilen? Wo seht Ihr Eure Stärken und Schwächen?

Quentin: Die Rollenverteilung ergibt sich für uns durch unsere unterschiedlichen Talente und Charaktere. Nach zwei Jahren Kajak-Erfahrung hat sich das sehr gut eingespielt. An Bord ist Louis der Schlagmann und ich selbst der Steuermann. Nur am allerersten Tag haben wir mal getauscht und danach die Rollenverteilung nie wieder in Frage gestellt.

An Bord haben wir eingespielte Rollen.

Da ich selbst ein wenig größer bin, macht es mir nichts aus, hinten zu sitzen. Ich steuere das Boot mit den Pedalen und dem Ruder und kümmere mich um die Navigation. Louis ist etwas kleiner und sitzt gerne vorne, weil er von dort auch die bessere Position für Fotos hat. Er kümmert sich aber ebenso um die langfristige Routenplanung. Und er vertraut meinen Fähigkeiten als Steuermann, was etwa das Vermeiden von Hindernissen oder Wellen angeht.

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Und wie wollt Ihr das gemeinsame Leben an Land in Kanada und Alaska gestalten?

Quentin: Viele Aufgaben muss man sowieso zusammen erledigen. Klare Präferenzen haben wir aber trotzdem: Ich beispielsweise liebe es, mit einem Lagerfeuer den Anfang zu machen und mich dann um das Kochen zu kümmern. Louis hingegen stromert gerne herum, macht Fotos, spürt Feuerholz auf und sorgt sich um frisches Wasser. Und jeder von uns wird natürlich ohne zu Murren Aufgaben übernehmen, wenn der andere mal erschöpft ist.

Glücklicherweise ergänzen wir uns also mit unseren Stärken und Schwächen hervorragend. Louis ist sehr gut im Organisieren, im Verfolgen von Plänen, bei den tagtäglichen Aufgaben. Er kümmert sich akribisch um alles, was im Abenteuerleben fundamental wichtig ist. Ich hingegen bin vielleicht etwas weniger umsichtig bei diesen Aufgaben, lasse mich ablenken und ich bin nicht so akribisch. Außerdem kann ich sich ständig wiederholenden Aufgaben wie dem Abwasch wenig abgewinnen.

Auf der anderen Seite glaube ich, dass ich bei unvorhersehbaren Ereignissen meinen Mann stehe. Bei allem Unplanmäßigem etwa, bei Stürmen, Kälte, wenn wir in schwierigen Situationen die Oberhand behalten müssen.

Faltboot GRAND RAID II 540-4
Nautiraid Grand Raid II: Das Boot, das über den Yukon soll.

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Kannst Du Eure geplante Rollenverteilung denn mal auf einen Nenner bringen?

Quentin: Falls und wenn wir das Yukon-Abenteuer meistern, werden wir vermutlich sagen: „Ohne Louis hätte es diese Expedition niemals gegeben. Und ohne Quentin hätten wir sie niemals gemeistert.“

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Und was für ein Boot soll Euch drei Monate sicher bis nach Emmonak bringen?

Quentin: Wir haben die verschiedensten Kajaks in Ruhe verglichen. Klar war jedoch, dass unser Boot faltbar oder aufblasbar sei muss, um am Ende in den Flieger zu passen. Wir wollten es auch nicht erst in Whitehorse kaufen, um schon im Vorfeld ein Gefühl für die Beladungsmöglichkeiten und das Handling auf dem Wasser bekommen zu können. Entschieden haben wir uns am Ende für ein Nautiraid Grand Raid II mit einer Länge von 5,40 Metern. Es handelt sich um ein Kajak mit einem hölzernen Grundgerüst, das man im Fall der Fälle reparieren kann. DerBootskörper besteht aus sogenanntem Hypalon aus natürlichem und extrem stabilem Kautschuk. Das Nautiraid Grand Raid II liegt auch bei voller Beladung sehr sicher auf dem Wasser.

Nautiraid ist ein renommierter französischer Hersteller. Die Kajaks sind alle „Made in France“ aus hochwertigem Material und aus unserer Sicht von unglaublicher Verarbeitungsqualität. Die Firma rüstet auch französische Spezialkräfte und die meisten maritimen Expeditionen aus.

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Ihr habt ja für die Vorbereitung einen Monat im arktischen Teil Norwegens verbracht. Wie war das?

Quentin: Um für den Yukon gerüstet zu sein, wollten wir einen Monat unter ähnlichen Bedingungen paddeln. Wir haben also nach einem Ort mit ähnlichem Wetter gesucht. Er sollte abgeschieden sein von der Welt, aber möglichst nah an Europa und per Zug oder Billigflieger zu erreichen.

Also haben wir nach Flüssen von etwa 1000 Kilometern Länge in Ländern recherchiert, in denen es kalt genug ist. Wegen einiger Empfehlungen und der Perspektive auf atemberaubende Aussichten fiel unsere Entscheidung auf die Lofoten. 26 Tage im Juli und August haben wir dort verbracht, sind am Flughafen von Narvik gelandet. Beginnend im Süden, haben wir dann das Archipel umrundet. Und haben immer versucht, genug Lebensmittel an Bord zu haben und alle Dörfer zu umgehen.

In Norwegen kamen wir viel langsamer voran als gedacht.

In Norwegen haben wir wirklich viel erlebt, darunter auch viele Überraschungen. Zum einen mussten wir feststellen, dass wir wegen der Gezeiten, der Strömung und der Wellen viel langsamer vorankamen als gedacht. Mehr als 35 Kilometer haben wir nie geschafft, das Minimum pro Tag lag bei fünf Kilometern und im Schnitt lagen wir bei 25. Zum zweiten war das Wetter wie gemacht für eine realitätsnahe Yukon-Erprobung. Die ersten zehn Tage waren sehr sonnig, wurden jedoch von extrem windigen, regnerischen und kalten Tagen abgelöst. Am landschaftlich schönsten Abschnitt herrschte dann wieder wunderbares Wetter, während anschließend eine Höllenwoche mit Kälte und Regen folgte.

Schlussendlich haben wir eine Menge über unser Boot gelernt, über richtiges Zeitmanagement, über die beste Ausrüstung für schlechtes Wetter. Und am wichtigsten über die geeignete Ernährung auf einem derart langen Trip. So lernten wir den Wert von Schokolade zur Aufbesserung der eigenen Laune zu schätzen. Ein Stück davon zu essen, war für uns immer der beste Moment des Tages.

Lofoten: Trainings-Tour mit spektakulären Aussichten.

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Wie denken eigentlich Freunde und Familie über Eure „Tour de Yukon 2018“?

Quentin: Insgesamt blicken sie mit Stolz und Respekt auf ein derart ambitioniertes und gewagtes Projekt. Und weil wir noch recht jung und noch Studenten sind, haben unsere Eltern auch das Recht, bei dem Thema ein Wörtchen mitzureden.

Sie sorgen sich natürlich wegen der Abgeschiedenheit, vor dem Verletzungsrisiko, vor einer Bärenattacke und ähnlichem. Aber dies hat sich glücklicherweise etwas gelegt seit unserer Expedition in Norwegen. Es macht allen Beteiligten Mut, wie akribisch wir uns auf die Yukon-Expedition vorbereiten. Um es auf den Punkt zu bringen: Alle wissen, dass dies kein Remake des Films „Into the Wild“ wird (Anmerkung: darin geht es um einen Amerikaner, der in Alaska die Freiheit sucht und schließlich den Tod findet). Außerdem haben wir ja ein Rückflugticket…

Familie und Freunde unterstützen uns nach Kräften. Wir wollen das zurückgeben, indem wir während unserer drei Yukon-Monate von uns hören lassen.

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Wie können wir denn ab Juni Euren Fortschritt auf dem Yukon verfolgen?

Quentin: Es ist uns ein Bedürfnis, die Welt an unseren Erfahrungen und unserem Wohlergehen teilhaben zu lassen. Dennoch haben wir uns bewusst dafür entschieden, die Yukon-Zeit mit Haut und Haaren aufzusaugen und unser normales Leben hinter uns zu lassen. Unser Ansatz wird deswegen ähnlich dem Eurigen sein. Und etwa aus einem Satellitentelefon bestehen, mit dem wir kurze Nachrichten versenden und ab und zu ein Telefonat absetzen können. Darüber hinaus haben wir einen GPS-Tracker.

Diese Expedition soll auch eine spirituelle Reise werden.

Die meisten Neuigkeiten wird unsere Familie auf unserer Facebook-Seite posten. Falls wir mal Strom und Internet entlang des Flusses haben sollten, sind vielleicht auch ein oder zwei Fotos drin. Ein internetfähiges Gerät werden wir jedoch aus Kostengründen nicht mitnehmen. Außerdem sind wir in punkto Energie weitestgehend abhängig von unserer Solar-Anlage. Und geladene Kamerabatterien sind uns am allerwichtigsten.

Quentin und Louis.

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Nehmt Ihr eigentlich ein Maskottchen oder einen besonderen Ausrüstungsgegenstand mit?

Quentin: In den letzten zwei Jahren haben wir eine enge Verbindung zu unserem Kajak aufgebaut. Wir haben es auf den Namen „Emmonak“ getauft – dem Dörfchen an der Beringsee, das nach mehr als 3000 Kilometern am Ende unserer Tour stehen soll. Uns erschien es als gelungener Name für ein Boot und es erinnert uns immer an unser Expeditionsziel Emmonak! Und vielleicht nehmen wir auch noch einen Teddybären oder etwas typisch Französisches mit.

Wir sind jung und haben unser Leben noch vor uns. Diese Tour wird uns sicher prägen und uns die Gelegenheit geben, über das Leben nachzudenken. Diese Expedition soll auch eine Art spirituelle Reise werden. Deswegen werden wir unser Kajak auch nicht besteigen, ohne zahlreiche Bücher und inspirierende Texte dabei zu haben. Und natürlich Notizbücher, um die Reise, unsere Erfahrungen, Gedanken und Gespräche festzuhalten.

Louis wird außerdem seine Kamera sehr wichtig sein, um wertvolle Momente für die Nachwelt festzuhalten. Ich selbst werde meine Mundharmonika mitnehmen und fleißig üben. Das Instrument könnte auch nützlich dabei sein, um die Routine aufzubrechen und die Stimmung im Camp aufzuhellen.

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Was sind denn jetzt Eure wichtigsten nächsten Schritte bei der Vorbereitung?

Quentin:Unsere Hauptsorge ist das liebe Geld. Wir sind schließlich Studenten – und diese Expedition ist und bleibt und wird sehr teuer. Wir müssen noch reichlich Ausrüstung kaufen. Beispielsweise Trockenanzüge und bessere Kleidung, das Satelliten-Telefon, bessere Paddel, viele kleinere Dinge. Außerdem brauchen wir natürlich auch noch einiges an Geld, um unterwegs Lebensmittel erwerben zu können. Oder am Ende für den Flug von Emmonak nach Anchorage. Wir haben uns für verschiedene Abenteuer-Stipendien beworben und werden darüber wahrscheinlich 3000 Euro erhalten. Aber das erfahren wir erst in Mai.

Außerdem müssen wir uns noch um die Formalitäten bei der Ein- und Ausfuhr einer Waffe kümmern. Wir müssen noch ein spezielles medizinisches Survival-Training absolvieren. Und manches mehr.

Quentin und Louis: Gestern Pfadfinder, bald auf dem Yukon.

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Zum Ende des Gesprächs hin: Was für Hoffnungen, Träume und Befürchtungen habt Ihr mit Blick auf Euer Abenteuer?

Quentin: Hoffnungen: Mit der Vorbereitung rechtzeitig fertig zu werden, so dass wir mit dem bestmöglichen Equipment auf den Fluss gehen können. Außerdem zumindest am Anfang gutes Wetter, um gut gelaunt beginnen zu können und in Ruhe einen Rhythmus entwickeln zu können.

Ängste: Wir fürchten uns vor allem, was unsere Reise ernsthaft gefährden würde. Wie Verletzungen, Krankheiten, Verlust oder Zerstörung unserer Ausrüstung. Außerdem sorgen wir uns vor unerfreulichen Begegnungen mit Bären und vor langanhaltendem extrem schlechtem Wetter.

Träume: Zu lange schon haben wir jetzt nur auf Fotos geguckt. Wir freuen uns jetzt auf den tatsächlichen Anblick von Bären und anderen wilden Tieren. Wir sind gespannt auf all das, was man nicht planen kann und was eine solche Tour so einzigartig macht: Netten Leuten auf dem Fluss begegnen, Fische zu fangen, gut zu essen. Wir sind insgesamt schon sehr aufgeregt und freuen uns, diese unglaubliche Wildnis zu entdecken.

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Wie aufgeregt seid ihr beiden denn inzwischen, auf einer Skala von 1 bis 10?

Quentin: Definitiv 10! Und je näher wir kommen, desto mehr steigt die Anspannung. Wir reden schließlich schon so so lange über diese Reise. Gleichzeitig wächst die Sorge, ob wir bei der Vorbereitung an alles gedacht haben. Aber ich schätze: Sobald wir im Flugzeug sitzen, wird diese Sorge verfliegen.



Louis, 21, studiert BWL in Lyon (Frankreich). Er liebt Rugby, Trekking und Wandern. Außerdem hat er in den vergangenen Jahren zusammen mit Quentin diverse Erfahrungen im Wassersport gesammelt: zwei Wochen auf der Loire und einen knappen Monat im arktischen Norwegen.

Quentin, 21, ist Franko-Amerikaner und studiert französisch-amerikanisches Recht nahe Paris, zuvor in Glasgow. Er liebt Sport aller Art, darunter Bergsteigen, Skifahren, Rugby. Ihre französische Facebook-Seite zu Yukon 2018 findet Ihr hier.

Wir haben dieses Interview auf englisch geführt, anschließend sinngemäß übersetzt und etwas geglättet. Das Original findet Ihr hier als PDF.

ALLE FOTOS: À TOI DE RAMER

 

 

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Kurzgeschichte

Yukon, ein Jahr danach

Yukon, genau vor einem Jahr. Nach zweieinhalb Monaten auf dem großen Fluss ist es jetzt bis zum Ziel unserer Reise nicht mehr weit: Emmonak an der Beringsee. Es ist Samstag, der 22. August 2015 deutscher Zeit. Nach Stunden als Spielball der Urgewalten erreichen wir endlich einen Seitenkanal. Hier sind die sich auftürmenden Wellen nicht mehr ganz so hoch und der stürmische Wind bläst nicht mehr ganz so stark. Permanent halten wir trotz Regens Ausschau nach diesem kleinen Fischerdorf namens Emmonak, sind geschlaucht von den hammerharten letzten Paddeltagen im Herbst Alaskas.

Schließlich nähern wir uns einer Siedlung mit Booten und Kränen; aber ist sie auch unser Ziel? Wir paddeln weiter, geben noch einmal alles, und passieren einen großen am Hafen liegenden Fischereitrawler. „Hi, is this Emmonak?“, brüllen wir den Männern am Heck zu. „Yes, welcome!“ schreien sie zurück. Und wir wissen, dass wir es wirklich geschafft haben. Das Ende einer Reise, die uns mehr als 3000 Kilometer auf dem Yukon River fast von der Quelle bis zur Mündung geführt hat.

Ankunft in Emmonak ohne Freudentaumel

Wir suchen einen Platz zwischen den kleinen Fischerbooten, die sich dicht an dicht an den Strand schmiegen. Und schließlich schiebt sich unser Kajak an einer freien Stelle in den Sand. Doch es gibt kein Himmelhochjauchzen. Wir sind einfach nur erschöpft und leer in diesem Moment, sind nicht in der Lage, das alles zu verarbeiten. Und wir müssen zusehen, dass die Wellen nicht auf den letzten Metern doch noch die anderen Boote auf unser Grabner-Kajak schieben.

Philipp organisiert einen Transporter, der unser Boot samt Ausrüstung wegbringen soll. Und so sitzen wir schließlich selbst auf der hölzernen Ladefläche, als der Pritschenwagen über den verschlammten Weg vom Strand weg fährt. Und genau dort entsteht nun dieses eine Foto von uns beiden, was uns im Nachhinein immer noch bewegt. Das Foto ist unscharf, weil Regen und Sand die Linse trüben. Das Foto erfüllt nicht in Ansätzen professionelle Kriterien. Und wir selbst? Wir sind verdreckt, durchnässt, übermüdet und nur allzu vollbärtig. Doch dieses eine Bild ist eigentlich viel besser als all die idyllischen, choreografierten Fotos. Es ist eine ehrliche, unperfekt perfekte Aufnahme am Ende unserer grandiosen Tour. Einer Tour, die so viel mehr bot als Hochglanz-Sonnenuntergänge und Wildnis-Panoramen.

Ein Blick zurück mit Stolz

Yukon, genau vor einem Jahr. Wir denken mit Freude, mit Stolz, ja, mit Wehmut an die Zeit auf dem Yukon zurück. Es war eine Zeit der einmaligen Erlebnisse, der Grenzerfahrungen, eine Reise zu neuen Ufern. Und: Wir würden es immer wieder machen. Es waren zweieinhalb Monate auf diesem einzigartigen Fluss, die uns verändert und bereichert haben.

Yukon, genau vor einem Jahr: Wir sind sehr dankbar für unsere gemeinsame Zeit in Kanada und Alaska. Und dankbar allen, die uns auf diesem Weg begleitet haben.

FOTO: YUKON-BLOG.DE

 
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Expeditionsbericht

Yukon. Emmonak. Ende einer langen Reise.

Emmonak, Beringsee, Alaska. Nach 65 Tagen auf dem Yukon sind wir am Ziel unserer langen, grandiosen Reise.

Glücklich. Erschöpft. Überwältigt. Demütig. Stolz.

Heute hatten wir noch einmal schwer zu kämpfen mit den mit Abstand größten Wellen, dem stärksten Gegenwind, dem heftigsten Regen. Yukon, Du hast Dich zum Abschied noch einmal in Deiner rauen Schönheit gezeigt.

Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse. So viele, die wir noch nicht in Ansätzen verarbeitet haben. Egal. Wir sind am Ende einer 3200 Kilometer langen Reise auf dem großen Fluss durch Nordamerika. Eine Reise, die Spuren hinterlassen hat.

Emmonak, Beringsee, Alaska. Nach 65 Tagen auf dem Yukon sind wir am Ziel. Freunde, wir haben es geschafft!

English abstract: Emmonak, Bering Sea, Alaska. We really made it. So happy, exhausted, without words. 2000 miles on the Yukon River. What a trip of a lifetime.

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Expeditionsbericht

Endspurt bis nach Emmonak

Heute gilt es, und ihr könnt bei unserem hoffentlichen Endspurt sozusagen live dabei sein.

Nach einem weiterem heftigen 12-Stunden-Paddeltag am Donnerstag – Heimweh und leichter Rückenwind – stehen wir am heutigen Freitag vor den Toren Emmonaks. Und dann: endlich mal wieder duschen… Da der Fluss-Führer die Kilometerangaben in diesem Abschnitt nicht nachvollziehbar berechnet hatte, sind wir nun trotz gestriger 80 Kilometer immer noch 35 entfernt. Und für nachmittags ist starker Wind vorhergesagt, außerdem warten noch in paar navigatorische Highlights wie Sandbänke, so dass wir wieder sehr früh starten. Andererseits, 35 Kilometer von 3200…

Zur Feier des Tages versuchen wir es heute mal mit einem batteriefressenden, aber viel genaueren Tracking. Alle zehn Minuten sollte die Karte aktualisiert werden. Ab etwa 19 Uhr deutscher Zeit könnt Ihr also, wenn Ihr wollt, verfolgen, wie wir uns die letzten Kilometer an Emmonak an der Beringsee heranarbeiten. Und hoffentlich gegen Mitternacht deutscher Zeit tatsächlich am Ziel ankommen, dem Ende unserer Yukon-Tour.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)